Mittwoch, 30. November 2011

Ideale - Auf der Suche nach dem, was zählt


Heute möchte ich ein Buch empfehlen, das mir sehr gefallen hat. Es wurde vor kurzem auf der Buchmesse in Frankfurt vorgestellt. Ideale – Auf der Suche nach dem, was zählt – von Julia Friedrichs. 

Sie beschreibt darin, wie sie sich ein Jahr lang auf die Suche nach Menschen mit Idealen machte. Nach Menschen, die im Rampenlicht standen und anderen, Nichtpominente, die an der Verwirklichung ihrer Ideen arbeiten. 
"Ich glaubte mal an Joschka Fischer, Alice Schwarzer und Jan Ullrich. An den aufrechten Grünen, die kämpferische Feministin und den ehrlichen Sportler. Dann kamen der Beratervertrag, die Bildzeitung und die Blutwäsche. Und ich fragte mich, ob es besser wäre, an nichts mehr zu glauben. Aber geht das: ein Leben ohne Ideale?"
Aufschlussreich fand ich das Kapitel über junge Menschen. Während es in den 1970er Jahren und 1980er Jahren noch zum guten Ton gehörte,
dass man sich politisch engagierte, ist es spätestens zur Mitte der 1990er Jahre zu einer bemerkenswerten politischen Abstinenz gekommen. Und das, obwohl die allermeisten es für absolut notwendig halten, dass sich etwas ändert. Weit über die Hälfte der Jungen glauben, die Zukunft der Gesellschaft sehe „düster“ aus. Sie tun aber nicht um etwas zu ändern. Sie nehmen die Welt hin, wie sie ist. Sie stellen zwar die Frage: „was wird aus mir“ ohne die naheliegende Frage: „was wird aus der Welt“ zu stellen und begreifen nicht, dass beides untrennbar in einer Schicksalsgemeinschaft einhergeht. Wir haben heute eine Generation „pragmatisch“. Eine Generation, so spießig wie die 1950er Jahre. Junge Menschen ohne Utopie, nur bedacht auf das eigene Vorankommen. 

In einem anderen Kapitel entlarvt sie unsere Sprache. Ein Unterstützer, um uns zu beschwichtigen indem sie uns gefährlich einlullt und uns von der Realität entfernt. So spricht man etwa vom "Ernten", wenn eigentlich das Ausrotten von Schildkröten gemeint ist. Von „tax heaven“ oder „Steueroase“ für die Cayman Islands anstatt "Paradies für alle, die ihr Land um Steuern betrügen". 

Julia Friedrichs verpackt Überlegungen anschaulich in eigene Erlebnisse und Erfahrungen. Sie stellt Fragen, ohne vorschnelle Antworten zu geben. Sie bewertet nicht, obwohl es aus dem Zusammenhang dann doch unweigerlich zu einer solchen kommt. Das Buch ist flott und unterhaltsam geschriebene. Es kommt ohne Besserwisserei aus und ohne überhebliche Moral und sie zeigt uns, dass es leider manchmal ein kleiner Schritt vom „Ideal“ zur „Ideologie“ ist. So, wie bei Peter Hartz. 

ISBN: 978-3-455-50187-2
Seiten: 272


Hier einen Link zu einem Beitrag vom RBB ca. 6 Minuten Länge u.a. mit dem Schriftsteller Ingo Schulze zu diesem Buch:  www.rbb-online.de Ideale


und eine Diskussion mit Julia Friedrichs und Lothar Kuld über ihr Buch "Ideale"



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