Mittwoch, 8. Februar 2012

Die Verballhornung im Ersten

Neulich habe ich mir mal wieder die Börse im Ersten angeschaut. Besser gesagt, ich habe es mir angetan denn, es ist eine völlig überflüssige Sendung, moderiert von Anja Kohl. Ja genau, die Damen, die so toll in Switch Reloaded parodiert wird. Und ehrlich, de facto, ist die nicht anders als von Martina Hill gespielt. Obwohl, in der ARD haben ihre Behauptungen sogar noch weniger Substanz. Sie schwadroniert gerne über „Die Anleger“ und „Die Märkte“. Wahrscheinlich kennt sie die persönlich. Und tatsächlich, manche behaupten sogar, sie sei mit denen verstrickt. Das Online Magazin "Carta" z.B. Es listete schon 2009 zahlreiche Nebengeschäfte der Moderatorin auf. Auch bei börsennotierten Firmen. Dies sei eine unzulässige Verquickung mit ihrer Tätigkeit als unabhängige Börsenexpertin der ARD war zu lesen. So steht es auch bei Wikipedia.
 
Auf jeden Fall weiß sie (Frau Kohl), warum „Die Anleger“ sich sorgen, warum „Die Märkte“ noch „abwarten“ oder manchmal benutzt sie auch „zögern“ usw. Die FAZ sah sich auch schon veranlasst über die Sendung zu berichten. Sie (die Sendung) erzeuge einen „eigentümlich hypnotischen Sog“. Es werde eine „Andacht zelebriert“ und weiter, die Sendung „ist ein Fall für die kirchlichen Sektenbeauftragten“. So die FAZ. Allerdings bezog sich das auf einen anderen Moderator. Herrn Kackisch. Ich finde, die beiden Journallistendarsteller nehmen sich da nichts. Jacke wie Hose.
 
Durch die Stilisierung des Begriffs „Markt“ zu einer immer recht habenden Übermacht suggeriert man, er wäre eine Art Naturgesetz. Der Markt honoriert, bestraft usw. Man übersieht dabei, dass der Markt nur ein von Menschen gemachter Tauschplatz mittels von Menschen gestalteter Regeln ist. Nicht der Mensch dient dem Markt sondern der Markt dem Menschen. Der Mensch „reagiert“, der Mensch „honoriert“ und zwar im Rahmen des Systems, der Spielregeln also innerhalb des Gefüges und nicht der Fetisch „Markt“.  
 
Man stelle sich vor, Frau Kohl oder Herr Kackisch würde zur Ferienzeit verlautbaren: die Autobahnen quittierten heute den Urlaub vieler Arbeitnehmer und den Ferienbeginn der Schulen mit Stau. Oder: die Autobahnen honorierten die Verteilung des Ferienbeginns der einzelnen Bundesländer auf mehrere Wochen mit freier Fahrt.
Dann passend im Anschluss Frau Merkel in der Tagesschau die sagt: das wichtigste ist, das Vertrauen der Autobahnen in den Autofahrer wieder herzustellen.
Irgendwann wäre es dann soweit, dass man nicht mehr auf die Idee käme, Autobahnen auszubauen oder Baustellen außerhalb der Ferienzeiten zu planen oder Überholverbote für LKWs einzuführen. Man würden fordern, die Ferien weitgehend abzuschaffen um die Autobahn zu beruhigen. Das würde man natürlich umschreiben mit dem Begriff „autobahnkonforme Ferien“.
 
Und hiermit sind wir beim Zweck der Sendung „Börse im Ersten“ angelangt. Nur ca. 5% der Deutschen besitzen überhaupt Aktien. Schwer vorstellbar, dass diese irgendeinen Informationsgewinn aus den Schüttelreimen der Moderatoren für ihr Depot ziehen. Bleibt also nur noch eines.
Die Sendung ist eine Messe für die Gottheit „Markt“ und wir haben gefälligst Opfer zu bringen um diese Gottheit positiv zu stimmen.
Und damit zurück ins Studio...

27 Kommentare:

  1. Es wurde in den vergangenen Jahren schleichend durch die Hintertür hierzulande quasi eine neue Religion eingeführt. Die Heilige Dreifaltigkeit sind nicht mehr Vater, Sohn und Heiliger Geist, sondern Markt/Märkte, Wettbewerb und hemmungslose Kapitalvermehrung.
    Frau Kohl ist dabei halt die Verkünderin der "Frohen Botschaft", sie spricht (werk)täglich sozusagen das "Wort zum Sonntag für Marktgläubige". Naja, und die Nebengeschäfte der Frau Kohl sind eben als das "Vergelt´s Gott" der Priesterschaft dieser neuen Religion zu betrachten.

    Übrigens, bei aller manchmal recht albernen Blödelei in der Sendung: "Switch reloaded" finde ich gar nicht mal sooo schlecht. Ab und zu werden einige Angehörige unserer TV-Prominenz mitsamt ihren persönlichen Eitelkeiten darin recht gut getroffen und regelrecht "vorgeführt".

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  2. Nur 5% der Deutschen besitzen Aktien? Und was ist mit den 95% die eine Lebensversicherung haben, die i.d.R. auch in Aktien und Fonds investiert?

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    1. Absolut nichts, weil du als Versicherungsnehmer keinen direkten Einfluss darauf nimmst, in welche Aktien investiert werden soll. Maximal in welche Art Fonds.

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    2. 95% der Deutschen sollen eine Lebensversicherung haben?

      Für diese Zahl hätte ich dann doch gerne einen Beleg!

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    3. Die Frage nach dem Rest, vor allem auch den Fondsbesitzern, finde ich völlig berechtigt. Auch wenn sowohl die Lebensversichsnehmer als auch die Fondsanleger selbst keinen direkt Einfluss haben, so sollten sie doch wissen, was mit ihrem angelegten Geld passiert. Wer das nicht will, sollte sich lieber aufs Sparbuch konzentrieren. Und vor allem die Fondsanleger können über ihre Anlagestrategien durchaus Einfluss nehmen, denn nahezu jeder Fonds hat einen speziellen Anlagebereich. Ein gewisses Basiswissen über Kapitalmärkte gehört nämlich heute absolut zur Allgemeinbildung !

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    4. Und selbst das Geld auf dem Sparbuch wird verzinst. Und woher kommen diese Zinsen? Die Bank muss die erst erwirtschaften. D.h. das Geld des Sparers gewinnbringend investieren...
      Es heisst nicht umsonst GeldKREISLAUF und Wirtschaftskreislauf. :)

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  3. Danke schön für das Beispiel mit den Autobahnen :-) (Sag ich mal so, als Nichtbesitzer eines vierrädrigen Gefährts...)

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  4. Also, wenn ich mir diesen Schrott anschaue, dann ohne Ton. Dann wird diese Anja Kohl zur besten Slapstick-Nummer, das kann selbst Switch reloaded nicht toppen. Dann merkt man erstmal, wie lächerlich diese Muppets-Show-Puppe eigentlich ist...

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  5. Danke! Nicht nur bei der Wirtschaftsberichterstattung im Ersten, auch im Radio immer: die Märkte verlieren das Vertrauen, die Märkte sind besorgt, die Märkte beruhigen sich … Fand ich schon immer seltsam, jetzt seh ich den religiösen Hintergrund.
    Aber nur 5% der Deutschen haben Aktien? Ich dachte es wären viel mehr. Selbst ich hab ein Portfolio rumdümpeln, ohne zu ahnen, in welche Firmen und mit welchem Erfolg ich da investiere.

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  6. Die Hirnigkeit dieser Börsennachrichten manifestiert sich für mich am Tagsverlaufs des DAX, der nie fehlen darf.

    Wer so tief im Geschäft ist, dass der Tagsverlauf relevant ist, der wird doch nicht auf die abendliche "Fieberkurve" angeweisen kein.

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  7. ich besitze Aktien und kann dem letzten Absatz nur zustimmen, der Börse im Ersten habe ich bisher keine relevanten Informationen entnehmen können ...

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  8. Sehr schoener Vergleich mit den Autobahnen!

    Mir ist auch schon seit Langem ein Raetsel, was die Sendung soll. Ich erinnere mich, vor einiger Zeit mal ein "making of" gesehen zu haben, in dem Frau Kohl beschrieb, wie sie mit der Stoppuhr probte, ihre Schuettelreime genau in der dafuer vorgesehenen Zeit herunterzubeten. Unglaublich.

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  9. Schließe mich den anderen Kommentaren an. Die Autobahn-Parallele ist klasse.

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  10. So schrieb ich mal:

    Die Merctes sind oft sehr nervös, erklären ihre Tohungas und Tahus. Das tun sie jeden Tag mehrmals. Merctes sind ungestüme Götter. Sie kennen keine Gemütlichkeit. Ständig wollen sie befriedigt werden. Wak-tum ist immer dabei. Merctes, so die Tohungas besorgt, könne ohne Wak-tum nicht gedeihen. Die Pākehā sind sehr religiös, sie unterwerfen sich den Merctes. Sie halten sich ständig kleine Kästchen seitlich ans Gesicht. Brüder, sie lieben Kästen und Kästchen in allen Größen und Farben. Die kleinen Kästchen heißen allerdings nicht Tefau. Ich vermute, diese kleinen Kästchen sind dazu da, um ständig mit den Merctes in Verbindung zu stehen. Sie sprechen mit den Kästchen und besänftigen die böse Stimme der Merctes, die sie aus dem Kästchen hören können. Außerdem vermute ich, dass diese Gesichtskästen kleine Figuren von Wak-tum sind - denn nur mit Wak-tum gedeihen ja bekanntlich die Merctes.

    http://ad-sinistram.blogspot.com/2011/11/briefe-in-die-polynesische.html

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  11. Nun, die Empörung steht Ihnen gut. Sie haben Recht. Die Sendung ist Müll. Aber: Der Herr heißt Jackisch. Und mit Vornamen Klaus-Rainer. Die öffentlich-rechtlichen sind auch dazu da, Minderheitenprogramme zu machen. Diese Sendung ist ein gelungenes Beispiel für schlechte Minderheitenprogramme.

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  12. Freunde, nicht alles so eng sehen und auch mal Viere gerade sein lassen. Der Liebe Gott hat uns nicht nur (die geniale) Anja Kohl, die Tagesschau, die WELT oder sogar BILD gegeben, sondern sogar ein Gehirn, um jene Informationen zu bewerten oder zu filtern. Wenn man einigen kritischen Menschen folgen wollte, gäbe es bald nur noch die taz. Irgendwie langweilig.

    Martin Fischer

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  13. @Roberto: große Klasse. Ich bin hin und weg von der einfühlsamen Studie über das eigenartige Volk der Pākehā und ihre wundersame Religion mit rituellen Beschimpfungen und Sprechkästchen. Die ich die Pākehā bisher immer für Barbaren hielt, sehe ich nun eine neue Dimension der Dinge.

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  14. Das müßte einer dieser Möchtegern-Investigativen mal auf Heller und Pfennig offenlegen: die "Nebengeschäfte" unserer öffentlich-rechtlichen Journalistendarsteller.

    Da laufen nämlich deren Deals in Wirklichkeit ab - die Jobs bei ARD/ZDF mißbrauchen unsere Helden doch nur als Prestigemaskerade zur persönlichen Marktwertsteigerung, um hinterher bei privaten Events ungeniert die Hand aufzuhalten.

    Was wären eine Anja Kohl, eine Katrin Müller-Hohenstein, ein Claus Kleber oder dieser zwergenhafte Toupetkomiker von den ARD-Tagesthemen ohne diese ihre von uns Gebührenzahlern finanzierte Luxusbühne? Könnten sie dann für ihre Gesichter dann auch fünfstellige Gagen von irgendwelchen Sparkassen, Firmen oder Vereinen verlangen?

    Da geht's doch nicht um "Inhalte", sondern um Eigenwerbung: man hat "die" Anja Kohl von der "Tagesschau" auf dem Podium in Hinterkleckersdorf - das allein ist die Message.

    Wie "unabhängig" und "neutral" können diese "Fernsehjournalisten" überhaupt noch sein, die sich per anno an sechsstellige Nebeneinkommen aus der "freien Wirtschaft" gewöhnt haben?

    Anfütterung de luxe nennt man sowas normalerweise. Mit dem Lebensalltag und den Problemen des normalen Fernsehzuschauers haben diese "Promis" doch schon lange nichts mehr zu tun...

    Widerlich, das.

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  15. Dazu passt sehr gut das aktuell von mir veröffentlichte Interview mit Ranga Yogeshwar!
    http://fernsehkritik.tv/folge-86/Start/

    Ab ca. 8:20 beschreibt er, dass die ARD aufgrund ihrer verkrusteten Strukturen gar nicht in der Lage ist, diese Börsen-Sendung abzuschaffen - obwohl sie es eigentlich längst einsieht, dass sie unnötig geworden ist.

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  16. Vielen Dank! Ja, wir lachen immer sehr, wenn irgendwo Börsekurse vorgelesen werden.

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  17. Ja, wenn nur 5% der Deutschen Aktien haben, ist die Sendung im ÖR absolut richtig angesetzt.
    Die öffentlich-rechtliche Idee ist es nämlich, Sendungen für Randgruppen auszustrahlen, die sich nicht über Zuschauermassen sondern über öffentliche Abgaben finanziert.

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  18. Aktie != Wertpapier an Börse. Es gibt auch Aktien die nicht gehandelt werden. Daher ist der Rückschluss von Aktienbesiztern auf das Interesse für diese Sendung (mit einer nicht belegbaren Zahl) einfach mal eine Phrase gedroschen.

    Selbst wenn 5% stimmen würden gibt es Anleger, die z.B. Rentenpapiere oder Fondsanteile haben auch was auf dem Markt los ist und wie die Börse reagiert hat.

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  19. Also die meisten Kollegen hier in FFM, die sich auch nur ein bißchen mit Aktien auskennen, schüttelt es jedesmal, wenn sie diesen Unsinn sehen.
    Ich vermute mal eher die beiden sind die fünfte Kolonne der Linken (HR=Rotfunk), die mit ihrem Gelaber das Vertrauen in den Kapitalmarkt erschüttern sollen.
    @anonym weiter oben: es gibt ca 80 Mio Lebensversicherungsverträge in Deutschland, wenn man also großzügig darüber hinwegsieht, dass jemand auch zwei oder mehr hat, kommt das mit 95% schon hin.

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  20. Danke für diesen Artikel. Das nervt mich auch schon seit Ewigkeiten, dass der Börse im Fernsehen so viel Platz eingeräumt wird. Was interessiert es mich, ob der Dax 20 Punkte hoch oder runter gegangen ist. Man hat wirklich das Gefühl, als versucht das Fernsehen die Aktivitäten an der Börse für den normalen Bürger "wichtig" zu machen, damit Rettungsaktionen oder ähnliches einfach zu verkaufen sind.

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  21. Ein sehr schöner Artikel, spricht mir aus der Seele. Immer dieser Berufung auf Sachzwänge unter Vergessen, wer die Sachzwänge eingerichtet hat..

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  22. Warum eigentlich wird diese Dauerwerbesendung von unseren Rundfunkgebühren finanziert?

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  23. Für jemanden, der sich jahrelang intensiv mit dem Kapitalmarkt und speziell mit dem täglichen Börsengeschehen auseinandersetzen musste, dar das professionell betrieben und von der Pike auf gelernt hat, ist diese Börsensendung, was DSDS für den Profimusiker ist: ein Fremdschäm-Event. Frau Kohl versteht so viel vom Börsengeschäft, wie Bruce Darnell vom Singen.
    Der inhaltsleere Schwachsinn, der da Tag für Tag verzapft wird, geht so völlig an der Realität vorbei, das es einfach nur wehtut. Und mit jedem Satz wird klar, daß diese Mikrofonhalter nicht einen Funken Kompetenz besitzen: die hauen nur beliebige Kalendersprüche raus - da fehlen die simpelsten fachlichen Grundlagen und jedwedes Verständnis für die Vorgänge im Börsengeschäft.
    Das allein macht diese Sendung doppelt peinlich. Aber letztlich für's Finanzgewerbe nützlich.

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